Es ist kalt, es ist windig. Überall lagern Menschen. Gerüchte machen die Runde, ohne jede Substanz, aber Angst machen sie trotzdem. Fällt Merkel um? Bleiben die Polizisten so freundlich? Wird es morgen neue Züge nach Deutschland geben? In all dieser Aufregung treffe ich Freund Mamdouh El-Zaim . Wir waren früher in harte, virtuelle Diskussionen verstrickt zur Gaza-Krise. Ich hab Israel immer verteidigt und er nicht. Um es nobel auszudrücken. Knapp bevor wir uns suchen und prügeln wollten, haben wir uns persönlich kennengelernt. Sprechen über alles. Nur ein Thema lassen wir aus.
Ein junges Wiener Pärchen. Nicht reich, nicht arm angezogen, geht suchend entlang der Bahnsteige. „Dolmetscher. Ist hier ein Dolmetscher bitte?“ ruft die junge Dame. Mamdouh übersetzt. Zwei Minuten wohnen sie entfernt und sie könnten Platz für sechs Personen bieten. Niemand soll in der Kälte schlafen und zeigen auf eine Familie mit mehreren Kindern, die sich da an die Wand pressen, um dem Wind zu entgehen. Die Familie ist sehr dankbar, aber auch ängstlich. Man müsse um 7.30 Uhr wieder da sein unbedingt. Da geht ein Zug nach Deutschland und wer weiß, wie viele da noch gehen. Der Familie wird versichert, dass das kein Problem sei. Voller Dankbarkeit nehmen sie an. Ich geh mit Mamdouh weiter, weil es spannend ist, mit jemand zu reden, der die Sprache versteht. Vor einer Wand voller Plakate bleiben wir stehen. „Weißt du, wie wichtig dieser Satz hier für die Menschen ist?“. In der englischen Version steht: „You are safe. The City of Vienna“. Mamdouh zeigt auf das arabische Plakat. „Da steht fast dasselbe. Nur es steht „Deine Stadt Wien“. Dieses „Deine“ ist für uns Araber sehr höflich und sehr herzlich.“ „Wir können stolz sein auf Wien“ antworte ich. „Und wir können stolz auf dieses junge, gastfreundliche Pärchen sein“, ergänzt Mamdouh und hat recht, wie er eigentlich immer recht hat, außer bei dem einen Thema, über das wir nicht mehr sprechen.